Dass ich DIE LINKE THÜRINGEN in die Überschrift hineingesetzt habe, hat vor allem einen Grund: Ich möchte, dass diejenigen, die wirklich eine gerechtere / menschlichere Politik wollen, wenigstens erfahren, was hier in NRW los ist. Dass sie wenigstens erfahren, warum die PDS hier über mehr als zehn Jahre nicht über 1,8% hinaus gekommen war, warum die Vereinigung von WASG und PDS nun bei der Kommunalwahl nicht über 4,5% hinaus kam.
Denn tatsächlich hat NRW überwiegend eine sehr ähnliche Struktur wie Thüringen und das Saarland. Diese drei Länder bestehen überwiegend aus klassischen deutschen Industriegebieten mit vergleichbaren sozio-ökonomischen Strukturen und vergleichbaren politischen Traditionen: Solange es eine politisch wählbare Sozialdemokratie gab, gehörten die Gebiete ebenso wie Hamburg zu unangefochtenen Hochburgen der SPD.
Das dies heute nicht mehr so ist, liegt ausschließlich daran, dass die SPD von Knechten der Superreichen innerlich okkupiert wurde und sich de facto völlig von der Sozialdemokratie verabschiedet, sich dem Neoliberalismus und dem faschistischen Staatsgedanken zugewandt hat.
Entsprechend ist eine politische Marktlücke entstanden, die in Thüringen und im Saarland zumindest teilweise von der DIE LINKE besetzt werden konnte, und man sollte es nicht für ein unerklärliches Phänomen halten, dass dies in NRW nicht gelungen ist.
Man sollte es ferner nicht für ein unmaßgebliches Problem halten, schließlich hat NRW fast 5,4 – mal so viele Einwohner wie Thüringen und das Saarland zusammen: Gelingt es nicht, das anti-neoliberale Potential in NRW wirksam für Wahlen zu nutzen, lässt man es stattdessen brach liegen, dann hat man eben einen CDU-Ministerpräsidenten in NRW und einen Unions- Kanzler in Berlin. Neoliberale NRW-Wähler können sich zwischen CDU, SPD, FDP und DIE GRÜNEN entscheiden, wer keinen Neoliberalismus will, hat tatsächlich gar keine sinnvolle Wahlmöglichkeit.
Die Wahlbeteiligung klag bei der heutigen NRW-Kommunalwahl bei 50,1%. Das sollte im Grunde schon alles sagen.
Ich habe heute selbst gewählt, mit größten Schmerzen wählte ich DIE LINKE. In Thüringen hätte ich sie sehr gern gewählt. Doch ich kenne DIE LINKE in NRW, habe mir die PDS-Dortmund, später die WASG UNNA über Monate sehr genau von innen angesehen, als Mitglied.
Es ergab sich, dass jeweils verhältnismäßig wenige Leute den Ämterkreis bildeten, zugleich dafür sorgten, dass sich das nicht änderte, weiterhin nicht das geringste Interesse daran hatten, politisch zu ändern oder irgendwen zu mobilisieren. Es kam vor, dass Leute kamen, sagten: „Allmählich kann ich nicht mehr hinsehen, ich will nun selbst etwas tun.“ Diesen leuten wurde dann eine sterbenslangweilige Vorstandsitzung vorgeführt, bei der es um nichts anderes ging als Partei-Formalia, dann konnten sie wieder gehen. Und kamen niemals wieder.
In und vor dem mit einem Ladenlokal vergleichbaren Büro der PDS-Dortmund, einer Stadt mit fast 600.000 Einwohnern, lümmelten sich ungepflegte Typen, die auch tagsüber und bestens nach Außen erkennbar Bier auf der Straße tranken, das Büro machte meist einen sehr heruntergekommenen Eindruck.
Leute wie Helmut Manz und Kirsten Janke hatten knallharte dogmatisch-sozialistische Sprüche zu bieten, lehnten es aber ab, die sozialpolitische Realität und deren Ursachen zu analysieren und auf der Basis Parteiwerbung zu machen.
Als ich dem Helmut Manz sagte, die Verhältnisse ließen sich nur noch erklären, wenn man von einer breit angelegten Verschwörung gegen das Volk ausgehe, die von sehr mächtigen Kreisen angeführt werde, erwiderte er, dass der, der es so etwas sage, schnell für paranoid gehalten werde. Das ist das General-Totschlagsargument derer, die zu der real existierenden Verschwörung gehören: Soziales Unrecht setzt gleichgeschaltete gesellschaftliche Institutionen voraus, solche Gleichschaltung kann es ohne Verschwörung gar nicht geben.
Als ich diese Dinge thematisierte, sagte Kirsten Janke mir wörtlich: „Passe Du bloß auf, was Dir so alles passieren kann!“ Ich erwiderte darauf, dass sie nicht die erste Satanistin sei, die mir so etwas sage, es würde mich nicht beeindrucken. Daraufhin sagte sie nichts mehr.
Im Prinzip das selbe Bild ergab sich bei der WASG-Unna, wobei die Leute allerdings körperlich gepflegt und adrett bekleidet auftraten, ansonsten aber war es das Selbe.
Kontakte, die ich mit dem NRW-Landesvorstand hatte, führten zu der Erkenntnis, dass der NRW-Landesvorstand vom selben Geiste beseelt ist.
Das bedeutet in Kürze: DIE LINKE wird in NRW von Leuten gehalten, die im Sinne der Neoliberalen agieren, auch wenn sie das natürlich niemals zugeben würden.
Engagierte Linke, die in Dortmund etwas erreichen wollten, hätten in Dortmund längst die 20% Marke deutlich überschritten. Doch dazu müsste man erstens linke Politik wollen, zweitens müsste man dafür auch etwas tun: Die wenigsten Hartz-IV Empfänger usw. haben Zugang zum Internet, und zu ihrer Mobilisierung reicht es nicht, wenn man alle Jubelmonate vor dem Arbeitsamt steht und Partei-Prospekte verteilt.
Man muss effektive politische Arbeit anbieten, die allen Interessierten die Möglichkeit gibt, mitzuwirken. Das genaue Gegenteil davon bietet DIE LINKE in NRW.
Ich hoffe, dass diese Worte von einigen gelesen werden, die erstens verstehen, welche Dimensionen das beschriebene Problem für die politische Linke in Deutschland hat, die zweitens in der Lage sind, dieses Problem zu lösen. Ich würde gern dabei helfen, doch ich allein hätte keine Chance: Man kommt nicht einmal an andere Mitglieder heran, in beiden Fällen, PDS-Dortmund und WASG UNNA, wurde es abgelehnt, Vorschläge zur politischen Diskussion, die ich erarbeitet hatte, den Mitgliedern zuzustellen.
Die Linke in Dortmund wird von einem offensichtlich drauf gedrillten Kreis von im Kerne fünf oder sechs Leuten lahmgelegt. Das ist die Wahrheit.
Winfried Sobottka, United Anarchists